Der alte Kettenhund


Ich bin allein; es ist schon Nacht und stille wird’s im Haus.

Dort ist ein Feuer angefacht, dort ruht mein Herr sich aus.

Er liegt im warmen Federbett, deckt bis ans Ohr sich zu,

und ich auf meinem kalten Brett bewache seine Ruh.

Die Nacht ist kalt, ich schlafe nicht, der Wind aus Ost weht kalt;

die Kälte ins Gebein mir kriecht, ich bin ja auch schon alt.

Die Hütte, die mein Herr versprach, erlebe ich nicht mehr,

der Regen tropft durchs morsche Dach, Stroh gab’s schon längst nicht mehr.

Die Nacht ist kalt, der Hunger quält, mein Winseln niemand hört,

und wüsst mein Herr auch, was mir fehlt, er wird nicht gern gestört.

Die Nacht ist lang, zum zehnten Mal leck ich die Schüssel aus,

den Knochen, den ich jüngst versteckt, den grub ich längst schon aus.

Die Kette, die schon oft geflickt, sie reibt den Hals mir bloß.

Sie reicht nur noch ein kurzes Stück, und nie werd ich sie los.

Was Freiheit ist, das lern ich nie, doch weiß ich, ich bin treu.

So lieg ich, warte auf den Tod, denn dieser macht mich frei.

Verfasser unbekannt.

 

der alte Kettenhund